Zurück

Nachgefragt bei Kultursommer-Intendantin Maren Matthes

Förderprojekte

Da steckt Nordhessen drin!

Starke Nerven, Musik-Gespür und die Fähigkeit, Gutes von Sehr Gutem zu unterscheiden: Wer neue Wege in der Kultur gehen möchte, sollte das mitbringen. Maren Matthes, seit 1999 Intendantin des Kultursommer Nordhessen muss es wissen. An Pfingsten geht es wieder los – ein Gespräch über Klappstühle, Reittiere und Sommer-Highlights.

LOTTO Hessen: Seit 1988 gibt es den Kultursommer Nordhessen, Sie sind schon fast 25 Jahre an Bord und heute Deutschlands dienstälteste Festivalintendantin. Wie war das damals in einer männerdominierten Branche für Sie?

Maren Matthes: Dass ich anfänglich bei weitem die Jüngste in jeder Runde war, hat eine viel größere Rolle gespielt als die Tatsache, dass ich eine Frau bin. Heute haben wir eine rein weiblich besetzte Geschäftsstelle und zwei Frauen als Vorsitzende des Träger- und des Fördervereins.

LOTTO Hessen: Da hat sich offenbar eine ganze Menge getan, wie schaut es denn mit der Kultur in Nordhessen aus?

Maren Matthes: Es ist viel mehr geworden – zum Glück. Vor 20 Jahren gab es Kultur vor allem in den Oberzentren, im ländlichen Raum dafür nur wenig. Der Kultursommer hat hier viel bewegt und Mut gemacht, war Ideengeber für Kulturvereine und Bürgerinitiativen, die sich erst dadurch zusammengefunden haben. Heute sprechen uns Künstler und Veranstalter zum Teil aktiv an, fragen, ob wir nicht in ihr Dorf kommen können.
 

LOTTO Hessen: Was braucht es in Ihren Augen, damit klassische Musik auch abseits der Ballungsgebiete ihr Publikum findet?

Maren Matthes: Hohe Qualität, die setzt sich in jedem Genre durch. Wer Kultur im ländlichen Raum anbieten möchte, der muss die Menschen vor Ort ernst nehmen. Ihre Wünsche, Interessen, Vorlieben. Unsere Locations helfen uns dabei, darüber erreichen wir auch ein Publikum, das nicht unbedingt klassikaffin ist. Bekannte Orte, versteckte Orte, besondere Orte. Ein wenig wie bei Immobilien: Lage, Lage, Lage – diese Regel gilt auch bei Kultur.

LOTTO Hessen: Machen Sie uns Lust auf den Sommer, wie viel Nordhessen steckt im Kultursommer 2023?

Maren Matthes: 100 Prozent! Unsere 34. Auflage macht das besonders deutlich, in diesem Jahr sind wir nämlich das Festival der verwunschenen Orte. Und die prägen den Kultursommer Nordhessen schon immer. Bei einem Sonnenaufgangskonzert am Zierenberg oder Ettelsberg-See erlebt man Musik neu, ganz anders als in einer Mehrzweckhalle in der Großstadt. Darüber hinaus ist der Kultursommer Nordhessen auch immer mit regionalen Künstlerinnen und Künstlern besetzt – darauf legen wir Wert, schließlich spielen wir für die Region und ihre Menschen. Dass mancher zur Festivalsaison nicht in Urlaub fährt, lieber zu uns kommt – das freut uns sehr.

LOTTO Hessen: Haben Sie Highlights bei der diesjährigen Auflage?

Maren Matthes: Klavierlegende Ivo Pogorelich zählt definitiv zu den Highlights 2023, ein würdiges Festivalfinale am 12. August. Gerne mag ich auch unsere Lieblingslieder-Reihe mit Flaschenbier, Würstchen und Lagerfeuer. Jeder Gast kann Vorschläge fürs Wunschkonzert machen, ob Rock, Pop oder Volkslied. Das Publikum entscheidet und dann singen alle zusammen, begleitet von einer Gitarre, das ist eine tolle Atmosphäre. Mitmachen ist auch bei den Inszenierungen des Theater ANU ein großes Thema, genauso bei den „Musik erleben“-Workshops oder am Prinzessinnentag im Schlosspark Wilhelmsthal. Wenn Sie mich nach meinen persönlichen Highlights fragen: alles, was Kammermusik ist. Dafür schlägt mein Herz.

LOTTO Hessen: Die letzten Jahre waren gerade für den Kulturbereich eine sehr harte Zeit, der Kultursommer Nordhessen hat immer weitergemacht. Geht nicht, gibt’s nicht – Ihr Motto?

Maren Matthes: Ich erinnere mich noch sehr gut ans Frühjahr 2020 und die Frage, wie wir das überhaupt schaffen können. Hygiene-Auflagen gerecht werden, Künstlern und Publikum. Es wurde ein Sommer der Klappstühle … 50 Konzerte, jeder brachte seine eigene Sitzgelegenheit mit. Die Besucherinnen und Besucher haben es geliebt. Einige Klappstuhlveranstaltungen haben wir daher weiterhin im Programm. Keine Beethoven-Streichquartette wie vor drei Jahren, sondern unsere Wald- und Wiesenkonzerte, wo eine klassische Bestuhlung ohnehin nicht zu realisieren wäre.
 

LOTTO Hessen: Wer keinen Klappstuhl mitbringen will … worauf können sich die Hessen 2023 sonst freuen?

Maren Matthes: Neben kleinen, feinen Veranstaltungen freuen wir uns, auch wieder zu größeren Formaten zurückkehren zu können. Etwa die Open-Air-Konzerte vor dem Fritzlarer Dom mit bis zu 600 Besuchern. Wir haben bewusst wieder mehr Geld für Künstlerhonorare in die Hand genommen, noch mehr auf Qualität und Bekanntheit gesetzt. Mehr Klotzen, weniger Kleckern. Ermöglicht haben dies unsere Förderer wie LOTTO Hessen, die dem Kultursommer Nordhessen auch in den turbulenten Zeiten treu geblieben sind. Ohne diese Unterstützung könnten wir das nicht machen und davon profitieren auch die Besucher. Die Ticketpreise haben wir 2023 bewusst auf dem Niveau gehalten wie vor Corona.

LOTTO Hessen: Apropos Tickets, wie läuft der Vorverkauf?

Maren Matthes: Aktuell haben wir 50 Prozent mehr Karten verkauft als letztes Jahr zu diesem Zeitpunkt. Erste Veranstaltungen sind bereits voll, andere kurz davor. Schnell sein lohnt sich also, wer noch Tickets für den Kultursommer ergattern möchte – etwa telefonisch unter 0561-988 393-99 oder über unsere Website.

LOTTO Hessen: Zum Schluss, haben Sie einen unvergessenen Kultursommer-Moment für uns?

Maren Matthes: Wie viel Zeit haben Sie mitgebracht? (lacht) Spontan fällt mir da ein Balladenabend mit Ben Becker ein. Nach der Generalprobe rief mich sein Manager an, Ben Becker wolle auf dem Pferd in den Konzertsaal einreiten, ob das so kurzfristig möglich wäre. War es – das Pferd hat einer unserer Techniker organisiert, die Versicherung hat ihr Go geben. Das Publikum konnte sich den Beifall dann aber doch nicht verkneifen. Um das Tier nicht zu verschrecken, hatten wir vorab darum gebeten, nicht zu klatschen. Ist aber alles gut gegangen. „Wer reitet so spät durch Nacht und Wind“ – damit ging’s los und es folgten dreieinhalb Stunden Literatur-Performance. Es war klasse!
 

Gute Karten mit der LOTTOCard

Schon gewusst? Alle Inhaber der kostenlosen LOTTOCard erhalten ab fünf Tage vor einer Veranstaltung des Kultursommer Nordhessen um 20 Prozent rabattierte Eintrittskarten – nach telefonischer Reservierung über das Kultursommer-Ticketbüro (0561-98839399). Die Abholung erfolgt an der Abendkasse gegen Vorlage der LOTTOCard, gilt für bis zu zwei Tickets pro Veranstaltung. Wer noch keine Kundenkarte von LOTTO Hessen hat, kann sich die in allen hessischen Lotto-Verkaufsstellen sichern.